Lagerimpressionen

Neben dem Raum für gemütliche Singerunden, dem Dach über dem Kopf wenn es regenet, stellten Jurtenburgen und Lagerbauten natürlich auch eine tolle Kulisse für das Lager dar. Kommt mit auf einen Spaziergang durch das Lager...

 

Das schöne an solch großen Lagern, auf denen man viele Pfadfinder, noch dazu aus verschiedenen Bünden trifft ist die Vielfalt. Diese betrifft natürlich auch die Schwarzbauten und so hatten wir genügend Beispiele für kreative Ideen und Zeit zum Fachsimpeln.

Für uns als Jurtenburgteam war der Gang über den Lagerplatz und durch die verschiedenen Jurten ein Highlight. Etwas wehmütig traten wir den Rundgang an, waren etliche der anderen Jurten doch mit mehr Kreativität oder größer gebaut als die unsere. Nur zu gern hätten wir auch gern mehr realisiert.

Doch mussten wir nicht nur im Gespräch sondern auch beim Betrachten fest stellen, dass viele der für uns zu klärenden Punkte, von anderen Erbauern schlichtweg nicht erkannt, oder ignoriert wurden. Dinge wie Fluchtwegmanagment, statisch sichere Ausführung von Turmbauten, Backupsysteme in den Abspannungen oder das richtige Einschlagen eines Herings bis zur Wahl des richtigen Materials sind bei vielen noch kein Thema. Zwar mag eine gewisse Sorglosigkeit der Kreativität des Entwurfes und offensichtlich auch dem Budget zu Gute kommen, doch haben wir beim Bau von Jurtenburgen eine nicht zu unterschätzende Verantwortung. Hier möchten wir unseren Apell an alle Jurtenburgbauern richten sich ihrer Verantwortung beim Bauen bewusst zu werden! Mit den nachfolgenden Bildern möchten keins der Bauwerke diskreditieren! Wir möchten gerne das von uns in Zusammenarbeit mit der Hochschule erarbeitete Wissen mit Euch teilen. Lasst uns die besichtigten Bauten aus technischer Sicht reflektieren, und anschauliche Beispiele geben wo diese noch Verbesserungspotential haben.

It's raining man...

Das es in Kohten und Jurten der Pfadfinder hier und da ein wenig rein tröpfeln kann ist nicht neues. Nicht zuletzt wenn große Konstruktionen gebaut werden, bei dem mehrere Jurten zusammen geknöpft oder überlappend verbunden werden. Eine Jurtenburg so zu konstruieren und aufzubauen, dass möglichst keine Regensäcke oder Wassereinbruchstellen entstehen ist jedes Mal eine Herausforderung selbst für erfahrene Jurtenburgbauer.

Nur wenige freuen sich so über Regen, dass sie selbst im größten Strom noch Rugby spielen. Die meisten suchen doch Schutz unter den Dächern der Kohten und Jurten. So auch am Pfingstmontag auf dem Allerhand Lager. Es goss Bindfäden. Schnell zeigte sich welche Jurte dem gewachsen war. Mit einem wärmenden Feuer in der Mitte drängten sich die Pfadfinder aus den verschiedensten Bünden in der Jurtenburg des Unterlagers "Nord trifft Süd".

Straffe Dächer, sauber abgespannte Dächer und Seiten sowie saubere Übergänge sorgten dafür, dass die Nutzer der Jurte sich im trockenen an den Feuern aufhalten konnten. Bei unseren Nachbarn sah es da schon anders aus. Deutlich waren Wassersäcke, schief stehende Stangen und Wasserdurchläufe zu sehen. Das Klopfen von Heringen hörte man aus verschiedenen Ecken. "Manche Jurten sind halt doch nur Sonnendächer" witzelten einige Lagerteilnehmer etwas böse. Dabei hätten alle Jurten das Potential gehabt richtig gut da zu stehen, wenn man gewisse Grundsätze beachtet.

Pi mal Daumen...

... war die Jurtenburg des DPBM sicherlich nicht. Man hat sich eine durchaus beeindruckende Idee auf die Beine gestellt.

Impossant stand die Jurtenburg im Nordwestlichen Eck des Lagerplatzes. Die Höhe Ihrer Seitenwände machte Eindruck und der Lagerturm mit seinen beiden Figuren oben auf zog die Blicke auf sich. Beim Betreten der Jurte kam man ins Staunen. Die Größe des Raumes, die gefühlte Weitläufikeit und die Höhe strahlten eine große Weite aus. Liebvoll wurde die Jurte dekoriert und eine Theke integriert ohne das es überladen wirkte. Dies gefiel uns gut.

Doch schaute man etwas genauer hin gab es noch Verbesserungspotential, um nicht zu sagen fahrlässig verursachtes Unfallpotential zu entdecken:

  • Den Dächern fehlte die nötige Grundspannung. Wassersäcke sind hierdurch vorprogrammiert.
  • Die tragenden Masten waren als frei stehende "Einbeine" ausgeführt. Untereinander zwar abgespannt, ergibt sich allerdings keine gegenseitig abstützende Komponente. Beim Ausfall einer oder mehrerer Abspannungen wären die betreffenden Masten sofort umgefallen und hätten eine Kettenreaktion ausgelöst.
  • Die Tragenden masten waren zum Teil nur einmal abgespannt. Der Split des Seiles auf drei Heringe um die auftretenden Lasten zu verteilen erfolgte nicht durchgängig an allen Hauptseilen.
  • Die Heringe wurden aus gewachsenem Holz ausgeführt, welche sich bei den vorliegenden Bodenverhältnissen nicht ausreichend tief einschlagen liesen.
  • Die Abspannungen der Seitenplanen erfolgte zu kurz. Wählt man einen größeren Abstand zwischen Stangenfuß und Hering lassen sich die Kräfte besser abtragen, die Seitenstangen und indirekt damit auch das Dach besser abspannen. Als Faustformel gilt hier Abstand zwischen Hering und Seitenstange sollte mindestens der Seitenstangenhöhe entsprechen.
  • Auf Rotationsabspannungen wurde leider gänzlich verzichtet.

Die Burg von Graf Luckner

Je nachdem von welcher Seite man sich der Jurtenburg näherte wirkte sie etwas "hilflos" zusammen gefügt, bzw. verzogen. Hier und da sah man Kanten durchhängen und konnte zwiwschen den Planen hindurchsehen. Nicht ohne Grund. Die Erbauer hatten sich der großen Herausforderung gestellt ein Großjurtendach mit normalen 6m Dächern zu verbinden. Durch die Unterschiedlichen Radien bzw. Winkel kommt man beim Fortführen der Konstruktion nur schwer auf einen grünen Zweig. Dadurch dass die Erbauer das Großjurtendach sehr steil aufbauten konnte dies allerdings weitest gehend kompensiert werden.

Jegliche schräge Optik wurde beim Betreten der Jurte aber sofort vergessen. Ein riesiger Kerzenleuchter trohnte in der Mitte der Jurte über den Köpfen der Besucher. Das Dreibein in der Mitte stemmte den Hauptturm in die Höhe. Schön dass man sich hier gegen die Statisch unsichere Variante eines "Einbeins" entschied. Damit der Feuerkreis in der Mitte groß genug blieb wurde das Dreibein extrem groß dimensioniert. Hier musste ein Extra "Jurtenkreuz" her, damit dies überhaupt durch das Rauchloch passte. Doch erfüllte das Kreuz noch einen weitern Zweck. Über selbiges erfolgte das Abspannmanagement der außen liegenden Abspannpunkte und Dächer. Sehr schön gelöst, wie wir finden.

Einbeine wurden so weit es ging vermieden und wenn diese doch im Einsatz waren, dann wurden diese merhmals abgespannt.

Verbesserungspotential hätte diese Jurte bei der Wahl des Seiles. Die verwendeten Sisalseile / Kunsthanfseile weisen gerade mal die Hälfte der Bruchlast eines Polyamidseiles auf und nur ein Achtel von Dynema Seilen. Ganz zu schweigen von den Durchmessern welche teilweise etwas mager ausgewählt waren. Auch bei den verwendeten Holzpflöcken konnte man beobachten, dass sich diese bereits durch das Eintreiben spalteten. Allerdings erkannte man dies beim Aufbau so dass hier nochmals hintersichert wurde. Die Investition in große Stahlheringe können wir jedem Jurtenburgbauern nur empfehlen.

Im Süden Deutschlands...

... da baut man bei der PSD auch Jurtenburgen. Niedrig aber kuschelig kam die Jurtenburg daher und man merkte, dass sich die Erbauer etwas bei Ihrem Werk gedacht haben.

Konsequent wurde versucht den Stangenwald im Inneneren der Jurte so gering wie möglich zu halten. Lediglich die 6 mittleren Stangen waren im Inneren der Jurte wahr zu nehmen. Alle weiteren Abspannungen wurden über die Außen stehenden Masten und weitere Abspannungen gelöst. Für den Bühnenbereich wurde ein weißes Dach gewählt, was ein deutliches Plus an Licht in die Jurte brachte. Mit einem Seiteneingang zur Bühne wird der Zuschauerbereich nicht gestört und es ergeben sich mehr oder weniger gewollt auch noch zusätzliche Fluchtwege, wenn auch nicht ganz FlBauR konform, was die Abmessungen angeht. Doch  bei der liebevollen Deko denkt eh keiner an Flucht sondern macht es sich in dem Zelt gemütlich.

Ein kleiner Wehrmutstropfen bleibt dennoch. Hat man die sechs mittleren Masten noch mit Querstreben versteift und versucht diese so auch autark standfest auszubilden, so lösen die sechs äußern Masten einen Dominoeffekt aus, sollte eine Abspannungen versagen. Hier fehlen "Backup" Abspannungen und die nötigen Aussteifungen, damit die Masten bei einem Versagen der Hauptabspannungen nicht zur Unfallgefahr werden.

 

Die Burg kennen wir doch?!

Am Ende unseres Rundgangs konnten wir eine Jurte entdecken, deren Konstruktion uns stark an unser Projekt aus dem Jahre 2006 erinnerte. Etwas niedriger, aber vom Grunde her sehr stark daran angelehnt.

Schön, dass hier die Einbeine der 6 Satelliten miteinander verbunden wurden, so dass diese wesentlich sicherer stehen. Auch in der Mitte hat man sich für ein statisch sicheres Dreibein entschieden anstelle mit einem Einbein zu arbeiten. Sehr schön auch die massiven Heringe und die Verteilung der Abspannlasten. Schade das bei so viel Mühe "vergessen" wurde den Hauptturm in der Mitte auch statisch sicher auszuführen. Statt dessen wurden die Seitenstangen einzeln aufgestellt und stellen beim Ausfall von seitlichen Abspannungen eine Gefahr da, die es doch zu verhindern gilt.

Eine ordernliche Jurte die gut daher kommt aber in der Kür leider etwas patzt.